Zu den Gemälden im “Blauen Salon” des Hotels Tigaiga
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Zu den Gemälden im “Blauen Salon” des Hotels Tigaiga

Der dritte Gesellschaftsraum im Hotel Tigaiga wurde von glücklicher Hand ausgestattet mit blauen Möbeln auf alt­ goldenem Teppich und einer unaufdringlichen feinstrukturierten hellen Tapete.

An Haupt- und Querwand hängen fünf Bilder von Frau Ursel Hanschke-Kienitz aus Burghausen:

Man lasse sich beim Betreten des Raumes zunächst von seiner Farbenharmonie gefangennehmen, dann wende man sich den fünf im besten Sinne dekorativen Arbeiten der Künstlerin zu. Jedes Bild konnte für sich bestehen; es ist kein Dekor”.

Man suche nun nicht nach einer Form aus unserer Umwelt, vor allem unterbleibe die  Frage: “Was soll das sein?” Auch ist es müssig, erfahren zu wollen, was die Künstlerin bei der Schaffung des Bildes empfand; ob sie etwa von einem Gegenstand, einer Landschaft, einer Unterwasser­welt für sie Wesentliches abstrahierte. Die Empfindung des Betrachters bleibe ganz subjektiv. Hier herrscht die Farbe und ihre Verteilung auf der Flache. Es bedarf in der ab­strakten Kunst keiner Assoziation und keines Namens.Wem es gelingt, dabei mitzugehen, kann sich glücklich nennen.

Diese rein aufs Aesthetische gerichtetete Betrachtungsweise einer nicht realistischen ganz gegenstandslosen Kunst ist häufig einem Teil der Jugend ein Aergernis. Leider ist im allgemeinen unser Auge weniger im Erfassen geschult als unser Ohr und damit ist oft ein rasches, häufig negatives Urteil eher da als in der Musik.

Will man die Malerin in ein System einordnen, so gehört sie wohl zu einer Teile der Neo-Romantik an. Wie gelangt die Künstlerin zu dieser ihr eigenen, selbst­ willigen Malerei?

Künstler lieben es heute, mit Mischtechniken zu arbeiten, d.h. nicht nur mit den bekannten überkommenen: Oel-, Wasserfarben, Tempera und anderen. Sie benutzen eine Mi­schung von Farbarten, Maltechniken und Malgründen. Diese entspringen meistens eigener Erfindungsgabe, und der Künstler hütet sie oft als ein Geheimnis. Dem Außenstehenden geben sie gern Rätsel auf.

Am Anfang der Mischtechnik der Frau Ursel Hanschke-Kienitz stand das Experiment mit Farbe auf einer blank polierten Flache. Der Mann der Künstlerin ist Chemiker, dem es ge­ lang, haftende transparente Farben zu finden. Harte Unter­ lagen wurden dann auf besondere Weise mit einer Metall­folie, vor allem Aluminium, aber auch in Verbindung mit Kupfer-, Silber- und Goldfolie versehen. Damit entstand ein frappierend leuchtender Malgrund, der in das Bild f ür sich allein oder mit Farbschichten versehen einbezogen JOollhan beim Betreten des Salons den grossartigen Eindruck der Farbharmonie des ganzen Raumes gehabt, so wende man sich nun dem einzelnen Bilde zu mit seinen Farben und Flachen und ihren Kontrasten. Man scheue sich nicht, nahe an die Bilder heranzugehen.

Die Dreiheit auf der Langseite ist von Blautonen auf silbernem Untergrund (hervorgerufen von Aluminiumfolie) be­herrscht. Erstaunlich ist vor allem die Tiefe auf den bei­ den linken Bildern und die Strukturen der Flache auf dem mittleren. Auf den Arbeiten an der Querwand leuchtet ein Goldton, hervorgerufen von Aluminium und Kupfer. Zur Palette der Künstlerin geh6ren vorwiegend noch Rosa und Grün in zahlreichen Varianten.

Heute im Salon Atlantico

Neben der leuchtenden Transparenz der Flachen, deren Glanz sich mit der Zahl der – bis zu zehn – Farblasuren und mit dem Einfall des  Lichtes wandelt, wirken feine, liebevoll eingezeichnete Strukturen. Kein Fleckchen der grossen Bild­ flache bleibt ungestaltet, so kommt es, dass eine Anzahl kleine, in sich geschlossene Flachen selbständig als ein Bild für sich bestehen könnten.  Eine gute Aussage für ein künstlerisches Werk.

Ein schöner Zufall war es, dass das Ehepaar Talg Frau Ursel Hanschke-Kienitz begegnete. Eine grosse, eher intime Bereicherung des Hauses ist dieser Raum, den wir vorschlagen würden “Blauen Salon” zu nennen. Er steht fern der obligaten, routinemäßigen Marmorpracht mancher  zeitgenossischen  Beherbergungsstatten.

Dr. Klaus Volbehr von 1947 bis 1968 Leiter des Kunstvereins von 1886 und der Kunsthalle Bremerhaven

Puerto de la Cruz, den 26. Oktober 1971

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